Mittwoch, 31.10.2007: Anna ist zu Hause

Den Tag verbringe ich bei meiner Familie. Ich genieße das Essen und das eigene Zimmer. Der Tag vergeht wie im Flug mit schlafen, einkaufen, backen, essen, Tee.

Für die Abendplanung gibt es heute zur Abwechlung mal verschiedene Alternatven, was für Harsewinkel ungewöhnlich ist. Wir verabreden uns zunächst auf ein kleines Treffen in Caros Wohnung und schauen dann einmal weiter, was der Abend noch so bringt.

Laune: entspannt
Schokoladenbedarf: ich sage nur im Ofen backt ein Schoko-Birnen-Kuchen - mjam

Dienstag, 30.10.2007: Anna im Zug

Ich bin extrem früh wach und kann vor Aufregung nicht mehr einschlafen: Heute geht es nach Hause. Also packe ich meine Tasche und gehe dann doch zu den Vorlesungen, die ich eigentlich ausfallen lassen wollte. Es lohnt sich nicht. In der ersten Vorlesung werden Präsentationen gehalten. Mir fällt vor allem die Unhöflichkeit der polnischen Studenten gegenüber ihren Kommilitonen und ganz speziell gegenüber den ausländischen Studenten auf: Während ihre „Kollegen“ sich vorne bemühen, reden sie unangemessen laut, telefonieren, werfen sich gegenseitig Nachrichten zu und stehen sogar auf, laufen durch den Raum, um sich zu unterhalten. Der Höhepunkt ist eigentlich erreicht, als einer der Studenten, dessen Gruppe gerade präsentiert, den Raum verlässt, um zu telefonieren.


Am Nachmittag geht dann mein Zug. Allerdings nicht ganz nach dem Plan im Internet. Das verwirrt mich zwar erst ein wenig, aber letztendlich klappt dann doch alles. Ich fahre erst durch eine tolle polnische Herbstlandschaft mit Nebel und mehr oder weniger krassen Gegensätzen (Neubauvillen neben alten, fast zerfallenen Bauernhäusern). Umsteigen in Berlin und auf nach Bielefeld. Nach sechs Stunden stolpere ich aus dem Zug (kann man nicht anders sagen, denn durch den riesigen Rucksack hat sich mein Schwerpunkt und meine Masse erheblich verändert, so dass ich viel mehr auf mein Gleichgewicht achten muss). Auf dem Bahnsteig steht Stefan schon und ist ein bisschen überfordert, weil der Zug so lang ist. Dann fängt er das strahlen an. Ich grinse eh schon seit einigen Stunden wie ein Honigkuchenpferd...


Laune: alles ist gut

Schokoladenbedarf: Infinitesimal

Montag, 29.10.2007: Anna präsentiert mal wieder

Die innere Uhr ist noch nicht auf Winterzeit. Dementsprechend verdreht empfinde ich den Tag. Ich wache zu früh auf und habe zu früh Hunger. Nachmittags wird es zu früh dunkel, und aufgrund der frühen dunklen Stunde empfinde ich eine spontane Welle der Weihnachtsvorfreude. Im Supermarkt muss ich mich dann sehr zusammenreißen, keinen Lebkuchen zu kaufen.


Uni ist auch mal wieder und tatata heute gleich zwei Präsentationen. Eine vorbereitete (mit Powerpoint), die zweite spontan im Marketing. „Improvisation“ schwärmt die Professorin. „Da es für Sie eine Fremdsprache ist, bereiten Sie bitte eine kurze Präsentation in einer Gruppe vor, die von einem dann in zwei Minuten vorgetragen wird.“ Der Hampelmann aus unserer Gruppe bin ich, bekomme aber ziemlich viel Lob, auch wenn ich zu schnell war und meine Zeit nicht ausgeschöpft habe. Langsam fühle ich mich in der Sprache etwas sicherer, aber diese spontanen Sachen mag ich nicht so. Aber meine zitternden Hände werden von der Professorin nicht bemerkt.


Abends ist dann wieder gemeinschaftliches Kochen angesagt. Heute gibt es Reis mit Gemüsepfanne. Sieht sehr gesund aus, und schmeckt super. Christin- maitre de cuisine des heutigen Abends- erntet eine Menge los.


Danach leg ich mir meine Sachen zurecht, die Morgen früh in den Rucksack sollen. In 22 Stunden steige ich dann in Bielefeld schon aus dem ICE.


Laune: freu freu freu

Schokoladenbedarf: sag ich heute nicht

Sonntag, 28.10.2007: Anna in Torun/Thorn

Ludmila und ich (oder besser mein Funkwecker) verchecken die Zeitumstellung, mit dem Ergebnis, dass der Wecker schon um vier und nicht um fünf klingelt. Um sechs machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof und treffen noch die Nachtschwärmer und Heimkehrer der letzten Nacht. Wir sind natürlich mal wieder spät dran, verpassen unsere Tram und kriegen so gerade noch den Zug um 6:28h nach Torun.

Nach drei Stunden durchgeschüttelt werden und vor sich hindösen kommen wir um neun dort an, und frühstücken erst einmal. Dann besichtigen wir die Stadt. Da dieser Ausflug ein Geburtstagsgeschenk für Franzi ist, haben wir uns gut vorbereitet. Wir sind mit Stadtplänen und Reiseführern ausgestattet und haben kleine Vorträge zu einzelnen Sehenswürdigkeiten vorbereitet. Außerdem hat uns unsere Tutorin Aga noch einige Tipps gegeben, wo man gut essen und trinken kann und was sehenswert ist. Zunächst besichtigen wir den alten Markt mit dem Rathaus. Weiter geht es durch die Altstadt zum Neuen Markt mit dem Neustädter Rathaus, vorbei an verschiedenen Kirchen zur Burgruine der Deutschherrenburg. Wir stöbern durch die Mauerreste (im Gegensatz zu deutschen „Museen“ darf man hier noch durch die Ruinen klettern, wie es einem gefällt. Natürlich sind die Ruinen gesichert, aufgemauert, wo es nötig ist, etc.). Ein kurzer Abstecher durch die Kathedrale St. Johannes und dann machen wir uns schon auf den Weg zum Mittagessen. Pfannkuchen in allen Variationen. Super und recht preiswert.

Nach dem Mittagessen besteigen wir den Rathausturm. 42 Meter ist dieser hoch und zwischendurch bekomme ich es ein wenig mit meiner Höhenangst zu tun: Die Treppe die hinauf (und schlimmer noch herunter-) führt, hat unregelmäßige Stufen ist steil und sehr eng. Der Ausblick lohnt sich aber.


Wieder auf dem festen Boden geht es zur Marienkirche (und herein) an der Stadtmauer entlang, vorbei am schiefen Turm, über den es nicht viel zu sagen gibt. Außer dass er eben schief ist, wie Christin feststellen musste, da sie diesen für einen der Kurzvorträge ausgewählt hatte. Den Abschluss bot dann das Kopernikushaus. Kopernikus wurde in Torun geboren und in seinem Geburtshaus wurde ein Museum eingerichtet, dass mich allerdings etwas enttäuscht. Das Haus ist große Klasse: Sehr groß, Zwischenetagen, verwinkelt und gemütlich. Aber die Ausstellung über Kopernikus ist sehr kurz gehalten. Na ja sein eigentliches Werk entwickelte Kopernikus in den Städte Krakau und Frauenburg.


Zum Abschluss noch ein heiße Schokolade trinken und dann geht es nach einem langen Tag wieder zurück zum Bahnhof. Beine und Füße sind dankbar für die drei Stunden im warmen Zug. Mal wieder hat der Zug Verspätung und wir stehen wie bestellt nd nicht abgeholt in der Pampa. Warum auch immer. Um zehn kommen wir sehr erschöpft im Wohnheim an.


Laune: zum Teil etwas genervt und angespannt aber im Große und Ganzen neugierig und froh

Hier die Fotos zum Tag:
































































































Samstag, 27.10.2007: Anna bei Lech

Wir fahren zur Lech Brauerei. Christophe hat eine englische Führung mit einem Freibier organisiert. 25 Erasmusstudenten und Freunde sagen zu. Natürlich kommen wir zu spät. Nur eine halbe Stunde. Wir haben Glück und der englischsprechende Brauereiexperte – ein junger Pole, der sehr laut sprechen kann und ein sehr gut verständliches Englisch spricht – steht uns noch zur Verfügung. Die Führung ist dann aber recht kurz. Wir erfahren zwar wie das Bier in der Brauerei zusammen gemischt, gelagert, fermentiert, gelagert, gefiltert und abgefüllt wird, aber über das Unternehmen an sich erfahren wir aber recht wenig. Dann dürfen wir uns ein Getränk aus der Produktpalette der Lech Brauerei aussuchen und es in einer Art Kneipe verköstigen.



Sehr zu meiner Freude befindet ich hier auch ein Kicker. Jetzt ratet was ich gemacht habe, und wer zu den Gewinnern gehörte :-).


Danach noch kurz bei IKEA reingeschlüpft auf einen obligatorischen Hot Dog und weiter mit Bus Richtung Wohnheim.






Was sich hier so schnell anhört , hat sich insgesamt über fünf Stunden hingezogen, wobei ich zunehmend müder wurde.


Im Wohnheim steht dann Essen und letzte Orgagespräche wegen des Trips nach Torun auf dem Plan. Ausgehen packe ich heute nicht mehr.


Laune: GÄÄÄÄÄHN, aber gut

Schokoladenbedarf:

Freitag, 26.10.07: Anna hat eine kurze Nacht

Ich schlafe mal wieder extrem schlecht. Es ist ziemlich unruhig im Wohnheim, ich wache dauernd auf und wälze mich herum. Ich bringe den Polnischkurs gut hinter mich. Das Diktat ist lässig und insgesamt herrscht eher eine Partystimmung – was auch daran liegen kann, dass heute wieder einige Leute direkt vom Club zur Uni gekommen sind.


Der Tag plätschert vorbei, mit viel schlafen, lesen, Hörspiel hören und im Internet herumgurken.


Abends koche ich mit Ludmila Nudeln, sie legt sich noch mal ein wenig schlafen, ich laufe ein wenig durchs Wohnheim, wir glühen in verschiedenen Zimmern mit Bier und Wodka vor. Um halb elf wecke ich Ludmila wir machen uns allesamt ausgehfertig. Um zwölf geht es dann los Richtung Stadt. Unser Ziel ist das Minoga, eine Mischung aus Kneipe und Club - also eine Kneipe, in der man auf verschiedenen Flächen tanzen kann. Ich mag es hier. Die Leute sind angenehm normal, nur die Toiletten sind ziemlich ätzend: dreckig und mal wieder ohne Türschlösser (das hatte ich hier in Polen schon öfters – daher gewöhne ich mir das zu-zweit-zur-Toilette-gehen an, das hier echt Vorteile hat).


Nach einem Stopp beim Dönermann wanken wir zurück zum Wohnheim.


































Der Morgen danach:

Der Wecker klingelt drei Stunden nachdem ich eingeschlafen bin. Wir haben einen Waschmaschinentermin. Nur leider habe ich mich um eine Stunde vertan. Also den Wecker noch mal neu stellen und einschlafen. Dann eine Stunde später schlaftrunken die Waschmaschinen anstellen, wieder anderthalb Stunden schlafen, die Maschine leeren, den Schlüssel zurückgeben und Wäsche aufhängen. Nochmal hinlegen. Ich kann aber nicht wieder einschlafen. Also dusche ich lange, telefoniere ich ein bisschen mit Stefan und frühstücke, um eine Grundlage für die Brauereibesichtigung in einer Stunde zu haben. Dabei stelle ich fest, das der komische Beigeschmack im Apfelsaft nicht vom Wodka kommt – wie ich gestern vermutete, sondern daher, dass es sich um Apfel-Minz-Saft handelt. Bähh.


Laune: noch zu müde, um wirklich launisch zu sein

Schokoladenbedarf: jaaa, geht schon wieder

Donnerstag 25.10.2007: Anna ist ganz groß im Polnisch-Verstehen

Donnerstag, heute ist meiner freier Tag, dennoch habe ich ein fast straffes Programm abzuarbeiten. Zunächst einmal Bettwäsche wechseln (das steht uns einmal im Monat zu). Ich trage meine alte Bettwäsche in den Keller und darf mir dafür in einem zweiten Kellerraum frische Wäsche mitnehmen. Weil die Frau so gut drauf ist, darf ich mir eine Farbe aussuchen. Mich lacht ein grelles Blumenmuster in Pink und Lila an. Ich kann den Blick nicht abwenden und wie automatisch greife ich zu dieser „Farbe“. Wieder zurück im Zimmer bekomme ich beim Beziehen dann doch Angst vor Augenkrebs. Denn auch dass Laken ist lila-pink geblümt. Außer dem beißt sich das Ganze jetzt mit meinem auch quietschpinken Schlaf T-Shirt. Vielleicht Neonpink doch meine geheime Lieblingsfarbe....


Der Hausmeister und sein Kumpel kommen vorbei, klopfen an und schrauben das Telefon an die Wand. „Vielen Dank und auf wiedersehen“ sagen wir uns und strahlen um die Wette.


Ich muss noch was ausdrucken und bekomme im Copyshop fast ein gutes Kundengespräch auf polnisch hin:

Ich möchte drucken.“


„Ah, gut. Ist es diese Datei?“

Ja, sehr gut.“

„Einmal?“

Ja einmal.“

„Ist das alles?“

Ja.“

„Gut. Das macht zwanzig groszy.“

Zwanzig Groszy. Aha. Bitte.“

„Vielen Dank.“

Auf wiedersehen.“

„Auf wiedersehen.“


Super oder? Dann geht es weiter zu dem Koordinator vom Doppeldiplom. Ich muss hier noch einen offiziellen Antrag für das Diplom abgeben. Sein Büro ist nicht besetzt. Seine Sekretärin im Nebenraum erklärt mir sehr freundlich etwas Polnisches. Aus dem Wort „Monarichum“ schließe ich, dass der Prof in München ist. Dann sagt sie etwas, dass sich stark nach dem polnischen Wort für Montag anhört. „Ja super“, sage ich auf englisch „Dann lasse ich das schon mal hier und melde mich dann am Montag noch einmal.“ Sie versteht kein Wort, glaube ich, nimmt aber strahlend mein Papier und nickt. „Dobrze.“


Tja, ich fühle mich ganz groß. Das wird sich morgen aber sicherlich wieder legen, wenn wir dieses Diktat im Polnischkurs schreiben...




Fotos vom letzten Mittwoch (Ausgehen)
Ach und nein, ich war nicht betrunken, ich tanze nun mal gerne auf Theken.






























Laune: Honigkuchenpferd-Stimmung

Schokoladenbedarf: klappt heute auch ohne.

Mittwoch, 24.10.2007: Anna hat wieder Lust...

... auf den Blog. Der Tag füllt sich mit mehr oder weniger bedeutenden Kleinigkeiten. Es fängt damit an, dass ich den Pony, da er mich mehr und mehr durch seine wachsende Länge nervt, mal auf die andere Seite kämme. Großartige Leistung, die aber überhaupt nichts verändert, da mir die Haare jetzt in dem anderen Auge hängen (in dem, das besser gucken kann).


In dem Stil geht der Tag weiter. Ich bastle weiter an Präsentationen und Fallstudien, setzen einen wichtigen Schrieb für die Diplomarbeit an meinen Dekan auf. Esse Salat. Nicht weil mein Körper nach Vitaminen schreit – diesen Ruf habe ich zu ignorieren gelernt, was sich jetzt in einem kommenden Husten rächt - sondern, weil ich im Kühlschrank eine Gurke und eine halbe Tomate finde.


Am Nachmittag gehe ich zu meiner Vorlesung. Der Professor akzeptiert unsere Idee für das Projekt mit dem Businessplan. Ab sofort dürfen wir uns, daran versuchen eine Firma in Gedanken aufzuziehen, die eine neue Art Schaumstoff herstellt und auch gleich die Internationalisierungspläne mitberücksichtigen. Das ist schon mal gut. Bisher hatten wir mehrere Ansätze, aber jetzt wird es dann endlich mal etwas konkreter.


Das Kult-Konzert, das für Freitag angesetzt wurde, musste abgesagt werden, ausverkauft. Man hat sich zu spät um die Karten gekümmert. Schade eigentlich. Dafür hat Christophe für Samstag eine Führung durch Lech Brauerei organisiert. Ein probater Ersatz? Warum nicht. Mein favorisierte Biermarke ist zwar Zywiec, aber man weiß ja nie.


Jetzt gerade kann ich mich nicht entscheiden, ob ich es im Zimmer warm oder kalt finden soll.


Laune: unentschlossen

Schokoladenbedarf: was glaubst du?

Dienstag, 23.10.2007: Anna hat keine Lust mehr...

...keine Bange - nur nicht auf den Blog.
Deswegen schreibt heute der Junge rein.

Aber auch nicht viel, denn es ist ja nicht sein Blog.
Er weiß aber, dass Annas Präsentation in der Uni heute gut geklappt hat, sie es später mit einem Mopp aufgenommen hat, ihr Pony kurz schief lag und sie im Straßenbahnfahren immer besser wird.
Also viele Grüße an alle!


Laune: gespannt
Schokoladenbedarf: düdup

Montag, 22.10.2007: Annas Unitag

Ich schlafe schlecht. Bin trotzdem früh wach. Montag ist ein langer Unitag. Ich möchte zunächst einige Unterlagen im Copy-Shop ausdrucken, aber mal wieder gibt es Probleme mir meinem USB-Stick. Jetzt ist es soweit, dass ich ihn auch nicht mehr formatieren kann. Ab sofort wird nur noch der zweite Stick benutzt, der leider viel weniger Speicherkapazität hat, aber dafür nicht rummuckt.


Wir treffen uns in der Cafeteria zur Projektbesprechung, es geht voran. Das freut mich. Dann folgen zwei wirklich gruselige Vorlesungen, die sich an Langeweile zu übertreffen versuchen:


Die erste verspricht eigentlich spannend werden zu können: History and Culture of Poland. Thema: polnische Rockmusik. Unser Dozent baut Boxen auf, und ich freue mich schon. Er möchte uns einen Film über das Festival in Jarocin zeigen. Davon hatte mir Simon erzählt. Das ist das polnische Äquivalent zu Wacken: ein kleines Dorf nahe Poznan, dass sich einmal im Jahr zu einem Wallfahrtsort für Jugendliche und Rockmusik-Liebende verwandelt, da ein riesiges Openair-Festival stattfindet.


Der Film ist grenzt an seelische Grausamkeit. Gedreht 1985 – zu Zeiten des Kommunismus – mit extrem schlechten Bildern (verzerrt und in verfälschten Farben, wackelige Handkameras) und noch schlechterem Ton (das kann nicht nur an der nervenden Musik der 80er liegen). Dazwischen politische Statements. Nach einer Viertelstunde scheint sich alles zu wiederholen – die Melodien (oder das was diese sein sollten), die Aussagen der politischen Entscheidungsträger, die der Musiker, die des Publikums, die halbnackten Menschen. Statt den Film hier auszuschalten und zu erzählen, andere Beispiele zu geben, schaut sich unser Dozent den Film weiter an. Wahrscheinlich ist es sein Lieblingsfilm.


Die nächste Vorlesung (Doppelstunde) wird durch den etwas schrägen Informatikerhumor des Professors und die enorm schlechte Luft in dem Raum geprägt. Mit Kopfschmerzen gehe ich nach Hause. Jetzt heißt es, sich auf die Präsentation morgen vorzubereiten. Um acht Uhr stellen wir einem müden Publikum die deutsche Kultur vor. I'm really looking forward!


Die Wahl gestern hat, sehr zur Freude meiner polnsichen Kommilitonen, die PO gewonnen. Die amtierende Regierung wurde somit abgewählt. Jetzt ist nur noch einer der Kaczynskis an der Macht.


Laune: von Minute zu Minute überschwenglicher

Schokoladenbedarf: bestens gedeckt (dank einer herrlichen Trink-Pudding-Schokolade)


Sonntag, 21.10.2007: Anna und die Wahlen in Polen

Heute wird in Polen gewählt. Und damit ihr auch ein wenig über das Land lernt, in dem mich so herumtreibe, hier ein paar Infos:


In Polen regierte bis jetzt das Zwillingspaar Kaczynski: der große Bruder Lech versucht sich als Präsident und ist euch vielleicht während der letzten Verhandlungen über die EU-Verfassung als Bremsklotz aufgefallen. Sein kleiner Bruder Jaroslaw wurde durch den letzten Wahlerfolg der Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit – eine sehr konservative Partei) zum Premierminister.










Lech Kaczynski (rechts) und sein Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski



Nun ist aber seine Regierungsgrundlage verschwunden, da seine Koalition zerbrochen ist (Aufgrund vieler Unterstellungen, erfundener Skandele, etc). Vorgezogene Wahlen mussten angesetzt werden. Die sind heute. Seit sechs Uhr sind die Wahllokale geöffnet. Der Wahlausgang ist sehr ungewiss, denn die Kaczynski-Brüder sind nicht bei allen beliebt. Gerade junge Leute und Akademiker nennen sie abfällig „die Enten“ (in Anlehnung an das polnische Wort „kaczka – Ente“). Sie denken, dass die Brüder ein Rückschritt für Polen sind, zu engstirnig und altmodisch. Sie geben der Partei PO (oppositionelle Bürgerplattform) den Vorrang. Gerade in den Städten hat diese Partei bekommt die PO gewöhnlich mehr Stimmen. Ältere Polen und Personen aus ländlichen Regionen sind allerdings sehr von der konservativen Schiene der Zwillinge angetan. Die Prognosen sagen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der PiS und der PO voraus.


So oder so, der Präsident Lech Kaczynski bleibt den Polen in seinem Amt erhalten. Allerdings kann sich mit der Wahl die Regierung hinter ihm ändern. Die PiS hat dem Volk jetzt schon angedroht, falls die PO gewinnen sollte kann und wird der Präsident die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung blockieren.


Was hat das für Auswirkungen auf mich? Die Kaczynskis haben sich bei mir durch eine besonders Anti-Deutsche- Einstellung in den Kopf gebrannt, die allerdings an der Universität nicht zu spüren ist (Vielleicht gerade weil die gebildeteren Leute nicht viel von der Regierung halten, haben sie diese Einstellung nicht angenommen).


Eine direkte Auswirkung der Wahl als solche ist allerdings, dass morgen die Uni bis 14:00 alle Vorlesungen ausfallen lässt. Den Grund hat uns bisher niemand so recht mitgeteilt, aber wir nehmen an, dass es für manche Studenten so möglich ist, nach Hause zu fahren, um zu wählen (das Verfahren der Briefwahl wird eher nicht angewendet).


Ich bin gespannt wie es ausgeht.

Samstag, 20.10.2007: Anna grummelt

Der Freitag Abend klingt im Academic Pub aus. Da kaum jemand Lust auf Disco hat, findet sich hier fast die gesamte ERASMUS-Gruppe ein. Wir belegen einen ganzen Raum des Pubs, schieben Tische zusammen und verbringen einen netten Abend hier.


Der Samstag macht mir zu schaffen. Ich lese mein Buch zu Ende (natürlich werden die Bösen bestraft und die Guten kommen mit einem Schrecken davon), laufe ein wenig durch die Gegend. Abends wird gekocht. Insgesamt wird mir aber schnell alles zu viel. Ich grummel vor mich hin und bin unzufrieden. Mich nervt das Doppelzimmer, die Sprache, meine Unproduktivität, das Wetter, das Gemisch aus Zigarettenrauch, Essensgeruch und Menschenmasse in der Küche. Ich flüchte ins Zimmer zurück und verkrieche mich zwischen meinen Unikram. Ich will laut Musik hören oder einfach meine Ruhe haben, allein sein. Geht aber nicht, da Ludmila sich noch einmal schlafen gelegt hat, bevor sie gleich losziehen will. Ich habe schon alles abgesagt. Jetzt noch so extrem tolle Disco mit Housemusik und volltrunkenen Menschen und ich platze wirklich...


Also beginne ich schon mal mit Zusammenschriften für die Uni. Dabei stoße ich auf einige Folien über sog. Kulturschocks.













Symptome des Kulturschocks sind in der Theorie:

  • ständige Kritik an Land und Leuten

  • Jammern über das Wetter

  • utopische Ideen über die eigene Kultur

  • anhaltende Besorgnis über die Qualität und Reinheit von Wasser und Nahrungsmitteln

  • Angst vor Kontakt mit Einheimischen

  • Weigerung die Sprache zu erlernen

  • ständige Besorgnis, betrogen oder beraubt zu werden

  • gedankliche Fixierung auf die Rückkehr nach Hause


Laut der Professorin dürften Europäer im europäischen Ausland kaum Probleme mit einem Kulturschock haben, da sich die europäischen Kulturen zu ähnlich sind. Da möchte ich glatt widersprechen. Diese Symptome kann man allesamt bei meinen Kommilitonen beobachten und heute stelle ich auch eine ganze Menge an mir selbst fest.

'Na, laut ihrer Grafik müsste es dann jetzt ja bergauf gehen' denke ich und sehne mich nach einer guten deutschen Milka-Schokolade.

Bilder sagen manchmal mehr II






























































Bilder sagen manchmal mehr I

Hier einige Eindrücke aus Polen: Erklärungen oder Kommentare meinerseits? Nicht nötig, denke ich. Von euch: gerne!!
























































Freitag, 19.10.2007: Anna friert

Es ist saukalt.


Nach dem Polnischkurs beschließen wir, ins Pftasie Radio zu gehen, einem gemütlichen Café mit Sofas alten Stühlen und netter Atmosphäre. Wir frühstücken und trinken heiße Schokolade, die als Schokopudding durchgehen kann. Die Franzosen tun sich zunächst schwer damit, ihren Toast gewohnheitsmäßig in den Kakao zu tunken („da kann ich genauso gut Nutella draufschmieren“ meint Fix und schüttelt fassungslos den Kopf. „In Frankreich könnte man aus dieser Schokolade und viel Milch drei Portionen machen“). Die Gruppe ist heute mal ganz anders gemischt und irgendwie witzig.


Mittags hagelt es. Ich drehe die Heizung auf. In riesigen Schritten wird es Winter – oder Herbst. Ich weiß es nicht.


Laune: Chocolate-Shock

Schokoladenbedarf: Hihi

Donnerstag 18.10.2007: Annas freier Tag

Ich schlafe aus, bastele an Präsentationen, lese, höre einslive. Irgendwann kommt der Hausmeister vorbei und überstreicht den Schimmel über der Dusche – jetzt fühle ich mich doch sofort viel sicherer und gesünder.


Das Wetter ist total ungemütlich. Zumindest immer wieder mal. Heute Abend steht noch mal ein Geburtstag auf dem Plan. Aber für mich wohl ohne anschließendes clubbing.

Mittwoch, 17.10.2007: Anna geht aus

Der Mittwoch beginnt ziemlich ruhig, bis 14:00h habe ich erst einmal frei, dann der erste und letzte Tag für heute: Internationalsation of small and medium entreprises. Die Luft in dem Unterrichtsraum ist extrem verbraucht und schon nach wenigen Minuten beginnt der Kampf gegen die Müdigkeit (so spät war es doch gestern doch gar nicht – mein erster Pokerversuch endete aufgrund von totaler Selbstüberschätzung relativ schnell). Den anderen scheint es aber auch nicht besser zu gehen. Nach einer Stunde erbarmt sich der Professor und gibt uns die angedachte Übung als Hausaufgabe auf und schickt uns an die frische Luft.


Am Abend gehen wir essen. Auf Initiative der Buddies und ERASMUS- Koordinatoren treffen wir uns zu einem Dinner in einem Restaurantkette, der in Polen beliebten Kette Sphinx. Da wirklich fast alle 60 Studenten inklusive ihrer Buddies (Tutoren) und einige polnische Bekannte im Restaurant eintreffen, ist es extrem laut und wirr. Ich fühle mich zwischenzeitlich überfordert und möchte meine Ruhe und nach Hause. Damit wird es aber nichts. Nach dem Essen machen wir uns auf den Weg zu einem Club (TUBA – Club). Die Jungs haben einen Flyer bekommen, auf dem ein Wet-T-Shirt-Contest für den heutigen Abend versprochen wird. Also laufen wir los. Den Wettbewerb scheinen wir verpasst zu haben, jetzt tanzen schon nackte Mädels und ein schleimiger Typ auf der Theke. Als sie fertig sind, klettern aufmerksamkeitsgeile Mädels in kurzen Jeansröcken auf die Theke und ziehen ihre Show ab. Zu ihren Füßen stehen die Jungs und freuen sich, dass man ihenn unter den Rock schauen kann. Ich fühle mich direkt wohl und halte mich a meinem ersten und letzten Bier für heute Abend fest. Ich taue erst langsam auf, irgendwann ist mir die Musik auch so egal und tanze trotzdem. Der Rest der Gruppe wird immer betrunkener. Thomas und Pierre wollen Salsa oder Rock'n'Roll tanzen. Miau und Brito stehen an der Theke und nötigen mich auch auf die Theke zu klettern. Da es einfacher ist oben kurz zu tanzen, damit sie Ruhe geben und wir uns eh schon zum Horst gemacht haben, geben ich nach und stehe schließlich auch auf der Theke. Eigentlich ist es hier oben ganz witzig (mehr Platz und ich habe keinen Rock an). Um drei mache ich mich Franzi, Ludmila und Kevin auf den Weg zum Wohnheim, um viertel vor vier kommen wir im Wohnheim an.

Dienstag, 16.10.2007: Annas Straßenbahnabenteuer

Dienstag früh um halb acht: Ich laufe mit Suvi zur Haltestelle. Wir freuen uns, dass gerade eine Straßenbahn ankommt, die in die richtige Richtung fährt. Wir quetschen uns mit in den Waggon und fahren los. Nach 2 Minuten beginnt die Tram komische Geräusche zu machen. Wir wundern uns schon etwas. Auf einmal stürmt eine Frau an uns vorbei und brabbelt irgendetwas aufgeregt vor sich hin. Sekunden darauf, fängt es an zu stinken; nach verbranntem Irgendetwas. Die Straßenbahn kommt noch bis zur nächsten Kreuzung, die Türen öffnen sich und alle steigen auch. Wir auch. Von hier ist es auch nicht mehr weit zur Uni, also laufen wir.


Der Rest des Tages ist dagegen unspektakulär.


Laune: irgendwie aufgekratzt

Schokobedarf: ist vorhanden

Montag, 15.10.07: Anna hört Chopin

Ein Montag mal wieder. Das heißt relativ viel Uni für polnische Verhältnisse. Der erste Kurs findet heute außerplanmäßig im 16. Stock des Hauptgebäudes statt. Im Fahrstuhl bekomme ich Zustände, die Aussicht aus dem Unterrichtsraum ist aber phänomenal. Da macht das während-dem-Unterricht-dem-Fenster-Schauen noch einmal mehr Spaß.


Der nächste Kurs fällt aus, der letzte Kurs ist verkürzt, da der Professor noch in China ist und deshalb nur einige Gruppenarbeiten präsentiert. Also eigentlich ist der Montag doch nicht so anstrengend.



Aula der Universität Adam Mickiewicz mit Konzertflügel











Im Anschluss steht ein Chopin-Konzert auf unserem Programm. Kevin, Cem und Fabian haben es verpasst ,sich rechtzeitig anzumelden, wollen aber versuchen, noch Karten zu bekommen. Da die anderen in der Zwischenzeit essen gehen wollen und ich noch keinen Hunger habe, beschließe ich sie zu begleiten. Einer der Sicherheitsleute dort scheint sich etwas verdienen zu wollen und erklärt sich bereit private Tickets zu verkaufen. Er verlangt 160 Zloty. Auf meinem Ticket ist allerdings ein Preis von 15 Zloty ausgezeichnet. Wir zeigen es ihm (ein sprachliche Verständigung ist ein bisschen schwierig), und er verkauft uns die Tickets für 45 Zloty. Er führt uns direkt zu den Plätzen (ca. eine Stunde vor dem Konzert): die Plätze befinden sich im Balkon und es handelt sich um vier Sitze. Ich darf auch oben sitzen. Wir sitzen allein im Konzertraum und dürfen auch der Probe der Pianistin lauschen. Die anderen Studenten sind ziemlich neidisch auf uns. Das Konzert ist auch toll, allerdings ein wenig zu lang für meinen Müdigkeitszustand. Am Ende merke ich zusehends, wie meine Gedanken mehr und mehr abschweifen.


Laune: tatata

Schokoladenbedarf: äh was??

Sonntag, 14.10.2007: Anna genießt die Ruhe

Der Sonntag ist mal wieder entspannt. Ich habe eine Menge Zeit zum Ausschlafen. Dann schaffe ich auch tatsächlich etwas für die Uni (neue Präsentationen, offizielle Mails, der ganze Krempel). Das Mittagessen ersetze ich durch Kekse. Irgendwann am Nachmittag schäle ich mich dann doch noch mal aus meiner Jogginghose und mache mich auf einen Weg durch den Park. Ich genieße das tolle Herbstwetter und schlurfe durch das Laub, so dass man schon von weitem hört, dass es nun endlich richtig Herbst ist. Im Park sind extrem viele Leute unterwegs: Familien, Ehepaare, junge Pärchen, Sportler und Hundebesitzer.


Nach einer Stunde kehre ich mit kalten Ohren und rotem Gesicht wieder und mache mich wieder an meine Präsentationen. Zwischendurch spreche ich immer wieder mal mit Stefan, meine Familie darf ich nicht anrufen, da sie beschäftigt ist :-).


Abends kehren die Anderen aus Warschau wieder, voller neuer Eindrücke. Wir sitzen in unserem Zimmer und erzählen uns von unseren Wochenenderlebnissen. Gegen elf beschließen Franziska, Daniel und ich noch mal einkaufen zu gehen, da wir gerade eh nichts Richtiges zu tun haben. Also auf zum Tesco, mit der Straßenbahn. Es ist allerdings etwas unheimlich. Im Supermarkt brennt schon nur noch die Sparbeleuchtung, bis auf einige auspackende Angestellte ist der Laden eigentlich leer. Ein wenig unheimlich, Sonntagabend wird nicht meine bevorzugte Einkaufzeit.


Laune: hmmmmm

Schokoladenbedarf: durch das Mittagessen gedeckt

Samstag, 13.10.2007: Anna in der Oper

Tagsüber besorgen wir mein Ticket nach Deutschland. Die Frau im Bahnbüro ist sehr nett, kann ein paar Brocken Deutsch, den Rest kann ich Gott sei Dank mit Hilfe von Beate regeln. Das Ticket ist hier etwas günstiger als dasselbe Ticket in Deutschland. Keine Ahnung warum.


Danach machen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Geschenk für Franziska, die morgen Geburtstag hat. Wir finden nicht das, was wir suchen und entscheiden uns, einen Trip nach Torun zu verschenken.


Am Abend gehen wir in die Oper. Hier schauen wir uns „Carpe Diem“ eine Aufführung des Polish Dance Theater an. Alle haben sich herausgeputzt; so gut es geht.





Mit Lydia vor der Oper; Brrrr ist das kalt heute...














Im Foyer der Oper; nicht das beste Gruppenbild, aber heute das Einzige.
Cem, Beate, Anna, Julian, Paulo, Thomas, Pierre






Mir gefällt das Stück sehr gut. Die Tänzer sind großartig, die Musik ist klasse, die Kostüme sind super. Die Aussage des Stückes? Schwer zu sagen. Wir haben nur wenige Anhaltspunkte, da man sich im Programm relativ kurz hält. Es wird nur sehr wenig gesprochen, einzelne Wörter auf Polnisch können wir verstehen. Das Deutsche, Englische und Französische lässt sich nur schwer als solches identifizieren. Es geht um die Beziehungen zwischen Menschen, die Liebe, das Miteinander und die Schwierigkeiten, Streit und das Zueinanderfinden. Die Bewegungen sind toll mit vielen Wiederholungen. Ich bekomme immer mehr Lust selbst wieder zu tanzen. Das wird hier wohl nichts: Im Unisport wird nur Aerobik angeboten (gähn).




Szene aus "Carpe Diem"
Photo von Mirka Maruszak













Szene aus "Carpe Diem"
Photo von Mirka Maruszak










Wieder im Wohnheim schmücken wir die Küche für Franzi: Ballons, Luftschlangen und „Happy Birthday“- Plakate. Wir feiern mit polnischen Kuchen (ein Backversuch von Chrissi), Bier und Wodka in ihren Geburtstag. Ich glaube, sie freut sich.


Laune: strahlend

Schokoladenbedarf: semi

Freitag, 12.10.2007: Anna auf einem polnischen Markt

Morgens um acht startet der Polnischkurs. Heute auf dem Plan: Wie sage ich meinen Namen und wie frage ich nach dem Befinden (also kurz 'Hallo ich bin Anna, wie geht es dir??). Polen ist eines der wenigen Länder, in dem man nicht aus Höflichkeit 'gut' antworten muss. Man kann auch 'fatalnie' (=katastrophal) antworten, um dann ein längeres Gespräch über das Wetter, zu viel Alkohol, zu wenig Schlaf, Krankheiten oder was auch immer zu beginnen.




Lydia und Anna vor Jacken
















Nach einem Zweitfrühstück geht es weiter auf einen polnischen Kleidermarkt. In gewisser Weise noch nobel, da er überdacht ist. Hier findet man kleine Stände vollgestopft mit Jeans, Pullis, Schuhen, Modeschmuck, Taschen, etc. Wenn man etwas anprobieren möchte, gibt es entweder kleine Umkleiden oder es werden mit Decken Teile des Standes abgetrennt. Ich bin nicht wirklich in Kaufstimmung. Die anderen decken sich jedoch mit Jeans und Pullovern ein.




Beate und Ludmila im Lederparadies
















Den Nachmittag verschlafe ich.


Abends kocht Thomas zunächst für uns karibisch: Hähnchen mit Ananas, Lauch und Reis – Mjam), dann mache ich mich mit Cem, Thomas und Pierre auf den Weg in die Altstadt. Da soll in einem kleinen Club ein Reagge-Funk-Soul- Konzert stattfinden. Wir finden den Club auch ohne Probleme. Das Publikum ist hier überraschend anders als in den Clubs zuvor: Turnschuhträger überwiegen, die Jungs sehen zur Abwechslung auch mal nett aus, die Mädels tragen keine Gürtelröcke. Ich fühle mich sehr wohl. Die Musik stimmt auch: Lady Marika scheint in Polen ziemlich bekannt zu sein, die Leute, die hier sind, können die Texte mitsingen. Wir nicht, das meiste ist eh auf Polnisch, der Rest auf Englisch.



Konzert von Lady Marika im Club "Piwnica 21"













Laune: ausgeschlafen und sehr zufrieden
Schokoladenbedarf: man munkelt nur.

Donnerstag 11.10.2007: Anna macht dies und das

Ich wache spät auf. Frühstücken, Mails checken und auf zur Uni. Ich habe zwar keine Kurse, aber wir treffen uns zum Pizzaessen und wollen dabei Ideen für ein Projekt besprechen. Klappt auch super, die Arbeitsaufteilung stimmt (meine Gruppe besteht aus Verena, Christin und Franziska – es war also abzusehen, das da motivierte Leute zusammensitzen). Die Pizza ist auch klasse. Eine Pizzeria als Mensa kann nicht jede Uni aufweisen.


Danach versuche ich noch ein paar Dinge zu erledigen. Die Rechnung fürs Internet zu bezahlen (erledigt man hier üblicherweise direkt im Geschäft durch eine Bareinzahlung), klappt auch gut. Batterien besorgen, klappt erst beim zweiten Anlauf. Im Supermarkt stehen zwar Kopfschmerztabletten und „leichte“ Medikamente neben den Schokoriegeln an der Kasse, von Batterien aber keine Spur.


Pech mit der Straßenbahn habe ich auch noch. An der Haltestelle wird etwas über den Lautsprecher durchgesagt, aber natürlich verstehe ich kein Wort. Da aber alle anderen Wartenden die Haltestelle fluchtartig verlassen und zum nächsten Bus laufen, schließe ich, dass hier wohl für längere Zeit keine Tram mehr fahren wird. Ich schließe mich den übrigen Leuten an.


Laune: verschlafen

Schokoladenbedarf: nur zum Frühstück

Mittwoch 10.10.2007: Anna's vierte Woche in Polen

Heute habe ich relativ wenig Uni: einen Kurs um zwei. Der hat es allerdings in sich. Der Professor stellt uns unsere Aufgabe vor: den kompletten Businessplan für ein fiktives Unternehmen, aber so real wie möglich, inklusive Finanzierungsplan, Cash Flow für die ersten Jahre, Internationalisierungsversuche, erste Kundenkontakte, Lieferanteninformationen, etc, etc. Eine Menge Arbeit, aber ich denke, dies ist einer der wenigen Kurse, aus dem man richtig viel lernen kann.


Den Rest des Tages verbringe ich mit Zeit-totschlagen, skypen, chatten, lesen, quatschen, Wäsche im Trockenraum im Keller des Wohnheims suchen, Musik hören, schlafen, durch die Gegend laufen, essen etc.



Trockenraum im Wohnheim: Wo zum Teufel ist jetzt meine Wäsche??






Am Abend gehen wir aus. Zunächst sieht es danach aus, dass wir bei einem Bier in unserem Zimmer versacken werden. Ludmila, Franzi, Christin, Beate, Suvi, Lydia und ich erzählen uns lustige Episoden von alten Dates, die nicht so gelaufen sind, wie sie sollten. Sehr lustig. Schließlich kommen wir doch noch los. Wir landen in einem Club (eigentlich zwei) in der alten Brauerei, legen uns dort noch mit Türsteher-Schränken an und tanzen zu schlechtem Techno (grummel).


Wir gehen um halb vier, essen noch einen Kebab bei Ali Baba, der angeblich besten Dönerbude in „Poznan downtown“ (Zitat Thomas und wirklich super) und kommen dann Dank der Nachttram um fünf im Wohnheim an.


Laune: Super
Schokoladenbedarf: heute extrem hoch

Dienstag: 09.10.2007: Anna am Dienstag

müde, müde, müde - Uni okay – hab keine Lust zu schreiben


Laune: etwas unmotiviert

Schokoladenbedarf: weiß ich noch nicht

Montag, 08.10.2007: Anna versucht sich an einer Präsentation

Ich stehe ein wenig unter Stress. Um vier ist meine erste Präsentation auf Englisch. Zu meiner Gruppe gehören noch ein portugiesisches Mädchen und ein Mädchen aus der Ukraine. Ich habe erst am Donnerstag Abend erfahren, dass ich schon heute dran bin, habe also recht wenig Zeit, mich vorzubereiten (zumal das Wochenende ja schon anders verplant war). In meinem Emailaccount finde ich eine Menge aufgeregter Mail von dem portugiesischen Mädchen: das Mädel aus der Ukraine hat ihren Teil noch nicht abgegeben.


Es stellt sich heraus, dass sie es verplant hat: ihr Vortrag ist noch nicht fertig. Dann gibt es eine ganze Menge Formatierungsschwierigkeiten und wir kriegen die Präsentationen nicht in eine Layout. Ich werde immer nervöser und letztendlich stellen wir unsere Informationen in zwei Präsentationen vor, wobei in meinen Teil dann wieder Folien fehlen. Dafür läuft es aber eigentlich nicht so schlecht. Trotzdem bin ich nicht zufrieden. Optimum ist etwas Anderes.


Laune: grummel

Schokoladenbedarf: erstaunlicherweise sehr niedrig

Sonntag, 07.10.2007: Anna besichtigt Krakau

Am Samstag Abend gehen wir aus. Frankreich gewinnt im Rugby und dementsprechend gut sind die Franzosen drauf. Wir landen in einem Club am Altmarkt. Die Musik stimmt, es wird viel gelacht und noch mehr getanzt. Es wird spät. Oder früh. Wie man es nimmt.


Vorglühen im Hostel, natürlich mit Bier und Zubrowka (bester polnischer Wodka) und Apfelsaft











Frühstück: Spülwasserkaffee, schwarzer Tee, Brot, Müsli, Wurst, Käse, Kräuterquark, Tomaten, Gurken, Marmelade, hartgekochte Eier, u.v.m.







Um 10h müssen wir die Zimmer räumen. Wir schaffen es tatsächlich. In kleineren Gruppen erkunden wir Krakau. Da ich meinen Polenführer dabei habe, werde ich zum Cityguide ernannt.


Gruppenbild mit Kultur: Bruno, Julian, Robert, Magrico, Miau (hinten)
Christin, Ludmila, Beate, Anna, Suvi (Mitte)
Brito, Daniel, Franziska, Cem, Nuno (vorne)
ganz hinten: Kathedrale auf dem Wawel

Wir schlendern erneut zum Altmarkt, schauen uns die Marienkirche (unterschiedlich hohe Türme, Trompetenmusik zu jeder vollen Stunde) an, schlendern durch die Tuchhallen (Mekka für souveniergeile Touristen, kleine Verkaufsstände mit Bernstein, volkstümlicher Kleidung und Drachenskulpturen), laufen an verschiedenen Kirchen vorbei zum Wawel (Schlossberg mit Schloss und Kathedrale) und wandern durch das jüdische Viertel (im Krieg kaum zerstört, viele Synagogen, Schauplatz aus dem Film „Schindlers Liste“).


Tuchhallen auf dem Alten Markt













Im jüdischen Viertel mit Cem als kurzzeitigen Cityguide; nachdem er uns im Kreis herumführt (um einen Secondhand-Kleidermarkt) nehmen wir ihm die Karte wieder ab


Essen (heute Chinesisch) und zurück zum Hostel: Gepäck abholen und auf zum Bahnhof. Hier werde ich dann ein wenig nervös. Wir stellen fest, dass wir falsche Bahntickets haben, und eigentlich einen Sitzplatzreservierung brauchen. Mir tut sich ein Horrorszenario einer siebenstündigen Zugfahrt mit einem Stehplatz im Gang auf. Es regelt sich dann aber doch. Wir müssen neue Tickets kaufen, bekommen aber die alten Tickets erstattet (dauert in Poznan auch nur zwei Stunden) und können in einem Wagon sitzen, der nicht reserviert wurde, da hier die Heizung nicht funktioniert. Der Zug hat dann noch mal anderthalb Stunden Verspätung weil unser Gleis durch einen anderen Zug blockiert wird (Langsam fange ich an die Deutsche Bahn richtig zu schätzen). Um halb drei kommen wir im Wohnheim an. Unglaublich müde (am ganzen Wochenende bekam ich vielleicht 5 Stunden Schlaf), aber sehr glücklich, den Ausflug mitgemacht zu haben.

Samstag 06.10.2007: Anna besucht Auschwitz

Wir kommen am Freitag Abend mit etwas Verspätung in Krakau an, beziehen unser Zimmer. Das Hostel ist wirklich nett und sauber, etwas zu wenig Toiletten, finde ich, aber sonst gefällt es mir gut. Wir gehen in die Stadt auf der Suche nach etwas Essbarem. Da es schon fast Mitternacht ist, müssen wir uns mit Mc Donalds begnügen. Da wir am Samstag früh raus wollen, entscheiden wir uns, nicht in einen Club, sondern in einen Pub zu gehen. Letztendlich wird es doch spät.


Am Samstag morgen klingelt der erste Wecker um 6:30h. Eine Viertelstunde später stehe ich unter der Dusche. Großartiges Frühstück und auf zum Bahnhof. Wir, eine Gruppe von ca. 10 Personen, finden nicht den richtigen Bahnsteig, dafür aber einen Bus, der direkt zum Museum Auschwitz fährt. Wir kommen fast einen Stunde eher als der Rest der Gruppe an, der im Zug sitzt.


Auschwitz ist krass.


Lager Ausschwitz I













Gedenktafel mit Fotos














Riesiger Berg mit Schuhen von Opfern in Ausschwitz












In Auschwitz selbst ist eine Ausstellung, die das Leben in dem Konzentrationslager veranschaulicht. Besonders heftig sind die Räume, in denen das Ausmaß der getöteten Menschen darstellt: Berge von Koffern, Bürsten, Brillen, Töpfen, Räume voller Schuhe oder geschorenen Haaren.


In Birkenau dagegen bekommt man einen Einblick, in welchen Verhältnissen die Menschen im KZ hausen mussten. Hier stehen noch einige der Baracken, Waschgebäude, Wachtürme und jede Menge Zäune. Man kann sich frei über das Gebäude bewegen und in die Baracken gehen. Gruselig. Das ist irgendwie noch einmal realer als das Museum in Auschwitz.


Wir bleiben den ganzen Tag und kehren nachdenklich und betroffen nach Krakau zurück.